Viele Jahre verbrachte sie im Dornröschenschlaf und wurde 2023 zu neuem Leben erweckt.
Gerne möchten wir Ihnen hier einen (familiären) Einblick in die bildliche und niedergeschriebene Geschichte der zauberhaften Kapelle gewähren.
"Geschichte der St. Hubertuskapelle in Wildshausen"
niedergeschrieben von Elsbeth Steffek 05/1989
Das Rittergut Wildshausen kam im Jahre 1888 in den Besitz der Arnsberger Linie der Familie Cosack. Der zweiten Frau unseres Großvaters, Elsbeth geb. von Rudloff, ist es zu verdanken, dass Papst Leo XIII schon am 02.Mai 1897 durch den Paderborner Bischof Hubertus Simar der Familie Cosack das Privatorium erteilte, d.h. dass im Gutshaus in einem kapellenartigen Raum die heilige Messe gelesen werden durfte. Der Raum befand sich im sogenannten Nebenhaus, das sich aber mit dem Haupthaus unter dem gleichen Dach befand. Man ging im Nebenhaus die Treppe hinauf und geradeaus in den ersten Raum, dann rechts in den nächsten Raum, den eigentlichen Kapellenraum. Dort war das Ostfenster zugemauert, sodaß ein Platz für den Altar geschaffen wurde. Dieser Altar ist aber nicht identisch mit dem in der später gebauten St. Hubertuskapelle vorhandenen Altar.
Aus Rechnungen des Inflationsjahres 1922 geht hervor, daß der Kapellenbau 12.750.00 Reichsmark kostete. Der Friedenspreis betrug lediglich 4.500 Reichsmark. Die erste Feuerversicherungspolice wurde im Jahre 1923 mit einem Wert von 8.500.00 Mark abgeschlossen. Am 30.April 1923 weihte der Oeventroper Ortspfarrer Josef Lösse unter der Assistenz zweier Patres aus dem Oeventroper Missionshaus mit bischöflicher Genehmigung die St. Hubertuskapelle. Es assistierten: Pater Rektor Gustav Hildmann und Pater Daniels. Sie vertraten den Dechnat Dr. Meckel aus Arnsberg und den aus der Familie stammenden Prälaten Ferdinand Gabriel aus Paderborn, die beide verhindert waren.
Als unsere Großmutter Elsbeth am 29.12.1947 zum Sterben kam, durfte á conto des früheren Privatorium noch einmal eine heilige Messe an ihrem Sterbebett gelesen werden, die ihr Neffe Dr. Leo von Rudloff (Fred) Benediktiner in Gerleve, später Abt des Klosters Sion in Jerusalem, zelebrierte.
Die Inneneinrichtung der Kapelle in Tiroler Barock und zwar Altar und zwei Betbänke mit Intarsien, kaufte Hans Josef Cosack (1891-1970) von der Familie seiner Ehefrau Hedwig geb. Biesenbach. Sie war mit dem Bankhausbesitzer Friedrichs und dessen Ehefrau Emma, geb. Boenninger, verwandt, die in Hubbelrath bei Düsseldorf beheimatet waren. Das Ehepaar Friedrichs war sehr wohlhabend, hatte aber leider keinen Nachwuchs. Um aber trotzdem Gutes für Kinder zu tun, ließen sie ein Waisenhaus bauen. In der Kapelle dieses Hauses stand die heute in der Wildshauser St. Hubertuskapelle vorhandene Einrichtung. Als das Bankhaus Friedrichs in Konkurs geriet, kaufte mein Vater diese Einrichtung.
Vier bunte Fenster lies mein Vater in Düsseldorf herstellen. Zwei davon weisen hin auf die Eheleute Friedrichs. Das Fenster mit dem heiligen Johannes auf Johannes Friedrichs und das Fenster mit dem Abbild der heiligen Emma auf seine Frau. Die heilige Emma trägt auf ihren Händen das Abbild des Waisenhauses, das die Eheleute Friedrich einst stifteten. Dies Abbild ist mittlerweilen nahezu abgeblättert und wird total unkenntlich werden; niemand wird mehr wissen, was die heilige Emma auf ihren Händen getragen hat. Außer den beiden genannten Fenstern sind auf der rechten Seite der Kapellenwand das Fenster mit der gekrönten Gottesmutter mit Kind und das Fenster des heiligen Josef zu sehen. Zwei kleinere Fenster in der Apsis und die länglichen Fenster am Eingang stammen aus der Privatkapelle der Familie Biesenbach, ihrem Sommersitz in Gerresheim bei Düsseldorf.
Zur Kapelleneinrichtung gehören ebenfalls zwei sehr alte Betstühle, die der Schwiegersohn von Elsbeth Cosack, Ferdinand Kuhn-Regnier, für die Kapelle ausgeliehen hat. Einer stammt von seiner Großmutter in Trier. Inzwischen ist er von Holzwürmern zerstört worden. Der andere Stuhl stamm von seiner Mutter aus Paris. Da er aus Eichenholz besteht, ist er wahrscheinlich noch vom Holzwurmbefall verschont geblieben.
Später wünschte sich die Familie Cosack eine richtige Kapelle für die Gottesdienstfeiern. Daraufhin wurde der Bau dieser Kapelle von meinem Vater, Hans Josef Cosack, in Auftrag gegeben. Zu dem Bau sagte mein Vater: „Ich ließ im Jahre 1922 bei meinem Gut Wildshausen eine Kapelle mit Gruft bauen. Als Grundstein wurde der untere Mahlstein von der früher in Wildshausen existierenden Mühle gebraucht. Er befindet sich an der Außenseite des Chores. In den Mahlstein wurde unter großer Feierlichkeit bei versammelten Bauleuten, der Familie Cosack und Gästen eine Urkunde, die in einer Blechbüchse steckte, eingemauert. Diese Urkunde hat etwa folgenden Inhalt: Unte der Regierung des Reichpräsidenten Ebert, als Heinz Haslinde Landrat von Arnsberg war, Hans Josef Cosack Besitzer von Wildshausen, die Mark wegen der Inflation kaum noch Wert hatte und ein Brot eine Million Reichsmark kostete, errichtete die Oeventroper Baufirma August Keßler der Ältere den Kapellenbau oberhalb der Luthmecke am „Großen Berg“. Somit steht die Kapelleim alten Kirchspiel, dem heutigen Dechanat Calle, Kreis Meschede, da der Luthmeckebach die Grenze zwischen den Kreisen Arnsberg und Meschede ist.“
Die ursprünglich mit Intarsien versehenen Bänke sind inzwischen durch Feuchtigkeit völlig zerstört. Sie stammten aus dem Nachlaß des österreichischen Erzbischof Graf von Plettenberg, zu dem das Ehepaar Friedrich gute Beziehungen hatte. Die Kommunionbank mit den beiden den Kelch im Strahlenkranz anbetenden Engeln (Eichenholz) kommt aus der Pfarrkirche von Korschenbroich bei Neuss; sie war dort das Mittelstück der dortigen Kommunionbank. Ein 85 cm großer Lindenholzcorpus wurde inzwischen verkauft. Das Hubertushirschhaupt mit Kreuz und zwei Wildshauser Abwurfstangen fiel der Feuchtigkeit bereits zum Opfer. Es war in Düsseldorf von der Firma Conzen geschnitzt worden. Der Künstler Ferdinand Heckmann aus Freienohl schnitzte im Auftrage meiner Mutter eine neubarocke Marienstatue mit Kind, meine Mutter hatte sie mir vor Jahren geschenkt, damit sie nicht verfällt.
Gegen Ende des zweiten Weltkrieges im Herbst 1944 wurde das Inventar nebst Paramenten aus einem Klever Krankenhaus in der Wildshauser Kapelle untergebracht. In den Tagen des Zusammenbruches im Frühjahr 1945 raubten Polen und Russen, die sich im Lager der Zellstoff-Fabrik Wildshausen befanden, die Kapelle weitgehend aus. Die Paramente wurden von ihnen zum Glück nicht alle gefunden und konnten später zurückgegeben werden. Seit Ende 1947 wurden in der Kapelle einige Jahre für die Bewohner von Wildshausen, des Lattenberges, der Giesmecke, der Filscheid und Brumlingsen regelmäßig Sonntagsmessen gelesen, die hauptsächlich von Pater Dr. Dr. Schwering aus dem Oeventroper Missionshaus zelebriert wurden. Dieser allseits geschätzte und beliebte Geistliche wurde im Volksmund „Pastor von Wildshausen“ genannt.
Wegen Priestermangel und weil man in der Pfarre Oeventrop keine Nebenstelle dulden wollte, wurden diese Gottesdienste leider eingestellt. Andachten, wie z.B. von der Kolpingsfamilie, wurden jedoch auch noch in den 50er Jahren in der Kapelle abgehalten.
Es ist sehr schade, daß dies in Gottes freier Natur gelegene kirchliche Kleinod nicht mehr benutzt wird. Es besteht die Gefahr, daß die Kapelle größeren Schaden nimmt, wenn nicht umgehend Sanierungsarbeiten durchgeführt werden.
Foto:
Pater Schwering, Pastor von Wildshausen genannt, mit Hedwig Biesenbach geb. Gabriel Eslohe, eingerahmt auf der rechten Seite von Annemarie Gabriel Eslohe und auf der linken Seite von ihrer Pflegerin Hedwig Sobeck, anlässlich der Trauung von Hans Cosack mit Dorothee Meschede aus Meschede am 10. Juni 1952.
Die Hochzeitsgesellschaft der Trauung von Hans-Josef Cosack und Dorothee Meschede auf dem Weg zur St. Hubertuskapelle
Dieser romantischen Kapelle wurde zu Recht viel Würde zu Teil und ihr zu Ehren so einige Gedichte verfasst.
Nachstehend Ablichtungen einiger Originaldokumente: